Artikel 11 DORA – Reaktion und Wiederherstellung

(1)   Als Teil des in Artikel 6 Absatz 1 genannten IKT-Risikomanagementrahmens und auf der Grundlage der Identifizierungsanforderungen nach Artikel 8 legen Finanzunternehmen eine umfassende IKT-Geschäftsfortführungsleitlinie fest, die als eigenständige spezielle Leitlinie, die fester Bestandteil der allgemeinen Geschäftsfortführungsleitlinie des Finanzunternehmens ist, verabschiedet werden kann.

(2)   Finanzunternehmen implementieren die IKT-Geschäftsfortführungsleitlinie mittels spezieller, angemessener und dokumentierter Regelungen, Pläne, Verfahren und Mechanismen, die darauf abzielen,

a)die Fortführung der kritischen oder wichtigen Funktionen des Finanzunternehmens sicherzustellen;
b)auf alle IKT-bezogenen Vorfälle rasch, angemessen und wirksam zu reagieren und diesen so entgegenzuwirken, dass Schäden begrenzt werden und die Wiederaufnahme von Tätigkeiten und Wiederherstellungsmaßnahmen Vorrang erhalten;
c)unverzüglich spezielle Pläne zu aktivieren, die Eindämmungsmaßnahmen, Prozesse und Technologien für alle Arten IKT-bezogener Vorfälle ermöglichen und weitere Schäden vermeiden, sowie maßgeschneiderte Verfahren zur Reaktion und Wiederherstellung gemäß Artikel 12 zu aktivieren;
d)vorläufige Auswirkungen, Schäden und Verluste einzuschätzen;
e)Kommunikations- und Krisenmanagementmaßnahmen festzulegen, die gewährleisten, dass allen relevanten internen Mitarbeitern und externen Interessenträgern im Sinne von Artikel 14 aktualisierte Informationen übermittelt werden, und die Meldung an die zuständigen Behörden gemäß Artikel 19 sicherstellen.

(3)   Finanzunternehmen implementieren als Teil des in Artikel 6 Absatz 1 genannten IKT-Risikomanagementrahmens damit verbundene IKT-Reaktions- und Wiederherstellungspläne, die einer unabhängigen internen Revision zu unterziehen sind, sofern es sich bei dem Finanzunternehmen nicht um ein Kleinstunternehmen handelt.

(4)   Finanzunternehmen erstellen, pflegen und testen regelmäßig angemessene IKT-Geschäftsfortführungspläne, insbesondere in Bezug auf kritische oder wichtige Funktionen, die ausgelagert oder durch vertragliche Vereinbarungen an IKT-Drittdienstleister vergeben werden.

(5)   Als Teil der allgemeinen Geschäftsfortführungsleitlinie führen Finanzunternehmen eine Business-Impact-Analyse (BIA) der bestehenden Risiken für schwerwiegende Betriebsstörungen durch. Im Rahmen der BIA bewerten Finanzunternehmen die potenziellen Auswirkungen schwerwiegender Betriebsstörungen anhand quantitativer und qualitativer Kriterien, wobei sie gegebenenfalls interne und externe Daten und Szenarioanalysen heranziehen. Dabei werden die Kritikalität der identifizierten und erfassten Unternehmensfunktionen, Unterstützungsprozesse, Abhängigkeiten von Dritten und Informationsassets sowie deren Interdependenzen berücksichtigt. Die Finanzunternehmen stellen sicher, dass IKT-Assets und -Dienste in voller Übereinstimmung mit der BIA konzipiert und genutzt werden, insbesondere wenn es darum geht, die Redundanz aller kritischen Komponenten in angemessener Weise zu gewährleisten.

(6)   Im Rahmen ihres umfassenden IKT-Risikomanagements gilt für Finanzunternehmen Folgendes:

a)sie testen bei IKT-Systemen, die alle Funktionen unterstützen, mindestens jährlich sowie im Falle jeglicher wesentlicher Änderungen an IKT-Systemen, die kritische oder wichtige Funktionen unterstützen, die IKT-Geschäftsfortführungspläne sowie die IKT-Reaktions- und Wiederherstellungspläne;
b)sie testen die gemäß Artikel 14 erstellten Krisenkommunikationspläne.

Finanzunternehmen, bei denen es sich nicht um Kleinstunternehmen handelt, nehmen für die Zwecke von Unterabsatz 1 Buchstabe a Szenarien für Cyberangriffe und Umstellungen von der primären IKT-Infrastruktur auf die redundanten Kapazitäten, Backups und Systeme, die für die Erfüllung der Verpflichtungen nach Artikel 12 erforderlich sind, in ihre Testpläne auf.

Finanzunternehmen überprüfen ihre IKT-Geschäftsfortführungsleitlinie und ihre IKT-Reaktions- und Wiederherstellungspläne regelmäßig und berücksichtigen dabei die Ergebnisse von Tests, die gemäß Unterabsatz 1 durchgeführt wurden, sowie die Empfehlungen, die sich aus Audits oder aufsichtlichen Überprüfungen ergeben.

(7)   Finanzunternehmen, bei denen es sich nicht um Kleinstunternehmen handelt, verfügen über eine Krisenmanagementfunktion, die bei Aktivierung ihrer IKT- Geschäftsfortführungspläne oder ihrer IKT-Reaktions- und Wiederherstellungspläne unter anderem klare Verfahren für die Abwicklung interner und externer Krisenkommunikation gemäß Artikel 14 festlegt.

(8)   Finanzunternehmen sorgen dafür, dass Aufzeichnungen über die Tätigkeiten vor und während Störungen, wenn ihre IKT-Geschäftsfortführungspläne oder ihre IKT-Reaktions- und Wiederherstellungspläne aktiviert werden, jederzeit eingesehen werden können.

(9)   Zentralverwahrer übermitteln den zuständigen Behörden Kopien der Ergebnisse der Tests der IKT-Geschäftsfortführung oder ähnlicher Vorgänge.

(10)   Finanzunternehmen, bei denen es sich nicht um Kleinstunternehmen handelt, melden den zuständigen Behörden auf Anfrage die geschätzten aggregierten jährlichen Kosten und Verluste, die durch schwerwiegende IKT-bezogene Vorfälle verursacht wurden.

(11)   Gemäß jeweils Artikel 16 der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010, (EU) Nr. 1094/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 arbeiten die Europäischen Aufsichtsbehörden (im Folgenden „ESA“) über den Gemeinsamen Ausschuss bis zum 17. Juli 2024 gemeinsame Leitlinien für die Schätzung der aggregierten jährlichen Kosten und Verluste nach Absatz 10 aus.