Artikel 36 DORA – Ausübung der Befugnisse der federführenden Überwachungsbehörde außerhalb der Union

(1)   Wenn sich die Überwachungsziele im Wege der Interaktion mit dem für die Zwecke des Artikels 31 Absatz 12 gegründeten Tochterunternehmen oder durch Überwachungstätigkeiten an Standorten in der Union nicht erreichen lassen, kann die federführende Überwachungsbehörde an allen Standorten in einem Drittland, die sich im Eigentum eines kritischen IKT-Drittdienstleisters befinden oder von ihm zur Erbringung von Dienstleistungen für Finanzunternehmen der Union in irgendeiner Weise im Zusammenhang mit seiner Geschäftstätigkeit, seinen Funktionen oder seinen Dienstleistungen genutzt werden, wozu alle Verwaltungs-, Geschäfts- oder Betriebsstellen, Räumlichkeiten, Grundstücke, Gebäude oder andere Immobilien gehören, die Befugnisse ausüben, die in folgenden Bestimmungen genannt werden:

a)in Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe a und
b)in Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe b im Einklang mit Artikel 38 Absatz 2 Buchstaben a, b und d sowie in Artikel 39 Absatz 1 und Absatz 2 Buchstabe a.

Die in Unterabsatz 1 genannten Befugnisse können unter den folgenden Bedingungen ausgeübt werden:

i)Die federführende Überwachungsbehörde erachtet die Durchführung einer Inspektion in einem Drittland als notwendig, damit sie ihre Aufgaben entsprechend dieser Verordnung vollständig und wirksam wahrnehmen kann;
ii)die Inspektion in einem Drittland steht in direktem Zusammenhang mit der Bereitstellung von IKT-Dienstleistungen für Finanzunternehmen in der Union;
iii)der betreffende kritische IKT-Drittdienstleister stimmt der Durchführung einer Inspektion in einem Drittland zu; und
iv)die einschlägige Behörde des betreffenden Drittlands wurde von der federführenden Überwachungsbehörde offiziell unterrichtet und hat keine Einwände dagegen erhoben.

(2)   Unbeschadet der jeweiligen Zuständigkeiten der Organe der Union und der Mitgliedstaaten schließen die EBA, die ESMA oder die EIOPA für die Zwecke des Absatzes 1 Vereinbarungen über die Verwaltungszusammenarbeit mit der einschlägigen Behörde des Drittlands, um die reibungslose Durchführung von Inspektionen in dem betreffenden Drittland durch die federführende Überwachungsbehörde und ihr für ihren Auftrag in diesem Drittland benanntes Team zu ermöglichen. Diese Kooperationsvereinbarungen begründen keine rechtlichen Verpflichtungen gegenüber der Union und ihren Mitgliedstaaten und hindern die Mitgliedstaaten und ihre zuständigen Behörden nicht daran, bilaterale oder multilaterale Vereinbarungen mit diesen Drittländern und deren einschlägigen Behörden zu schließen.

In den Kooperationsvereinbarungen sind mindestens die folgenden Elemente festgelegt:

a)die Verfahren für die Koordinierung der im Rahmen dieser Verordnung durchgeführten Überwachungstätigkeiten und jede entsprechende Überwachung des IKT-Drittparteienrisikos im Finanzsektor durch die einschlägige Behörde des betreffenden Drittlands, einschließlich der Einzelheiten für die Übermittlung der Zustimmung dieser Behörde, damit die federführende Überwachungsbehörde und ihr benanntes Team in dessen Hoheitsgebiet allgemeine Untersuchungen und Vor-Ort-Inspektionen gemäß Absatz 1 Unterabsatz 1 durchführen können;
b)der Mechanismus für die Übermittlung aller relevanten Informationen zwischen der EBA, der ESMA oder der EIOPA und der einschlägigen Behörde des betreffenden Drittlands, insbesondere im Zusammenhang mit Informationen, die von der federführenden Überwachungsbehörde gemäß Artikel 37 angefordert werden können;
c)die Mechanismen für die unverzügliche Unterrichtung der EBA, der ESMA oder der EIOPA durch die einschlägige Behörde des betreffenden Drittlands über Fälle, in denen einem IKT-Drittdienstleister mit Sitz in einem Drittland, der gemäß Artikel 31 Absatz 1 Buchstabe a als kritisch eingestuft wurde, ein Verstoß gegen die Anforderungen zur Last gelegt wird, die er nach dem geltenden Recht des betreffenden Drittlands bei der Erbringung von Dienstleistungen für Finanzinstitute in diesem Drittland einhalten muss, sowie die angewandten Rechtsbehelfe und verhängten Sanktionen;
d)die regelmäßige Übermittlung von Neuerungen im Bereich der regulatorischen und aufsichtlichen Entwicklungen bei der Überwachung des IKT-Drittparteienrisikos für Finanzinstitute in dem betreffenden Drittland;
e)die Einzelheiten, die erforderlichenfalls die Teilnahme eines Vertreters der zuständigen Drittlandsbehörde an den Inspektionen der federführenden Überwachungsbehörde und des benannten Teams ermöglichen.

(3)   Ist die federführende Überwachungsbehörde nicht in der Lage, die in den Absätzen 1 und 2 genannten Überwachungstätigkeiten außerhalb der Union durchzuführen, so

a)übt sie ihre Befugnisse nach Artikel 35 auf der Grundlage aller ihr bekannten Tatsachen und zur Verfügung stehenden Unterlagen aus;
b)dokumentiert und erläutert sie alle Folgen, die sich daraus ergeben, dass sie nicht in der Lage ist, die geplanten Überwachungstätigkeiten gemäß diesem Artikel durchzuführen.

Die in Buchstabe b genannten potenziellen Folgen werden in den Empfehlungen der federführenden Überwachungsbehörde gemäß Artikel 35 Absatz 1 Buchstabe d berücksichtigt.